Das Bonner Deserteur - Dekmal / Die Bonner Zeit
Die bewegte Zeit 1988 / 89
Detail: Mehmet Aksoy am Deserteur Denkmal
Die Intention der Denkmalbefürworter kollidieren mit den tradierten Wertvorstellungen der politischen Mandatsträger, die der Aufstellung entschieden entgegen treten. Soldatische Traditionsverbände aus allen Teilen des Landes machen ihrem natürlichen Unbehagen angesichts der Vorgänge in Bonn vehement Luft.
Der Bürgerantrag des Friedensplenums wird vom damals amtierenden Oberbürgermeister Hans Daniels (CDU) persönlich beantwortet:
Hans Daniels amtierte von 1975 bis 1994 als Oberbürgermeister der Stadt Bonn
"... ich selber werde mich gegen Ihre Initative aussprechen und alles tun, um für die Ablehnung eines überzeugende Mehrheit zu gewinnen. Meine Stimme wird es für ein Denkmal in Bonn, das die Fahnenflucht verherrlicht, nicht geben. Ich betrachte bereits ein solches Ansinnen als eine Diskriminierung der Soldaten, die in der Bundesrepublik Deutschland Frieden und Freiheit schützen, und ich muss befürchten, das dieses von Ihnen auch so beabsichtigt ist ..."
Wolfgang Bötsch, zur jener Zeit Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, schreibt in einen Rundbrief des Plenums :
"... Eine Unterstützung des von Ihnen geplanten Denkmals .... lehne ich ab. Deserteure sind Menschen, die sich der Verantwortung für die Gemeinschaft entziehen. Sie herrauszustellen und zu ehren wäre eine Persiflage auf alle Deutschen, die ihrer Pflicht getreu nachgekommen sind und eine Verletzung der Gefühle der Menschen, die im Krieg nahe Angehöhrige verloren haben..."
Auch im der "Bonner Rundschau" schlagen die Wogen nach oben...
Wähend in Bonn und bundesweit die Wellen hochschlagen, arbeitet Mehmet Aksoy in seinem Berliner Atelier an der Originalfassung der Skulptur, ohne sichere Aussicht auf ein Honorar.
Die Arbeit des Friedensplenums hat eine Öffenlichkeit geschaffen, in der sich Für und Wider polarisieren. Linke Partein und Gruppierungen, der DGB und Teile der evangelischen Kirche engagieren sich für das Projekt ebenso wie Persönlichkeiten aus Politik und Kultur. Zu den namhaften Befürwortern zählen Carl Amery, Ralph Giordano, Hanna Hiob-Brecht, Robert Jungk, Antje Vollmer. Der Autor Johannes Mario Simmel, schickte einen 500-Mark-Schein.
Die Kosten für das Denkmal werden im wesentlichen durch Spenden aufgebracht und durch den Verkauf von autorisierten Abgüssen der Entwurfsfassung.
Der Tag der Enthüllung
Am 01.09.1989 auf dem Boner Friedensplatz steht das Denkmal auf einem Tieflader
Am 1. September 1989 bei der provisorischen Einweihung zum geplanten Termin ist die Arbeit auf einen Tieflader montiert.
Im Zuge des um die Aufstellung entbrannten Rechtsstreits hat das Bundesverwaltungsgericht diese Variante der Denkmalspräsentation als "Demonstrationsmittel" erlaubt. Der Künstler selbst enthüllt sein Werk unter anhaltendem Beifall vor ca. 1.200 Zuschauern.
Aber auch Teile der Bevölkerung, die ihre Rechstreue betonen, artikulieren sich sehr direkt. In ihren Bekundungen ist reflexartig von Verhöhnung und Diffamierung die Rede, von Schande und Skandal.
Am 01.09.1989 auf dem Bonner Friedensplatz mit dem Deserteur Ludwig Baumann
Ein kriegserfahrener Veteran macht deutlich: "Das ist doch Scheiße, das kann man zuscheißen, das Ding!". Ein anderer erblickt in dem Denkmal, "die größte Schweinerei", die ihm "jemals begegnet ist".... "Das waren doch keine Helden, die Verräter! Die Helden sind alle tot." Der Nächste verleiht seiner Scham Ausdruck, "ein Deutscher zu sein", da er nun jene Feiglinge verherrlicht" sieht, die an den "zur Vaterlandsverteidigung verpflichteten Kameraden Verrat begangen" haben.
Am 01.09.1989 auf dem Bonner Friedensplatz bei der Enthüllung des Denkmales
Auffällig ist, dass Momente der Verherrlichung und des Heldentums dem Denkmal weder aus seiner Existenz als Skulptur zu entnehmen sind, noch aus der funktionalen Struktur, die ihm Auftraggeber und Künstler zugewiesen haben, und dass die Deutsche Wehrmacht keinen Verteidigungskrieg geführt hat. Es scheint, der heftige Widerstand, der sich bereits anlässlich der Entwurfsvorstellung bei den Bonner Ratsherren breit macht, ist am wenigsten durch den Stein des Anstoßes zu erklären.